32. Corps-Gespräch: Jüdische Verbindungen und Corpsstudenten im Widerstand

Das Buch „Corpsstudenten im Widerstand gegen Hitler“ ist eine Art Standardwerk geworden. Und das nächste Großthema kündigt sich an: „Jüdische Verbindungen, jüdische Korporierte“. Da lag es nahe, den Leiter des Arbeitskreises der Studentenhistoriker, Sebastian Sigler, zu einem Werkstattbericht zu bitten. Dies geschah im Rahmen der online ausgestrahlten Reihe „Corps-Gespräche“ am 29. Mai 2024. Der autorisierte Mitschnitt ist zu finden im Youtube-Kanal des AKSt. Im Rahmen dieser 32. Ausgabe der renommierten Diskussionsreihe wird deutlich, daß es ein eminent wichtiges Bindeglied gibt, das die beiden genannten Themen zueinander in Bezug setzt.

Das von Sebastian Sigler herausgegebene Werk.

Seit 2015 befinden sich die „Corpsstudenten im Widerstand gegen Hitler“ bereits in zweiter Auflage. In diesem Buch findet sich im Vorwort ein wunderbarer Satz des damaligen ersten Vorsitzenden des Verbandes Alter Corpsstudenten, VAC: „Und schließlich heißt Corpsstudent zu sein, sich für das Wohl der Gemeinschaft, des Ganzen, einzusetzen, verbunden mit der Mahnung, ausnahmslos dem eigenen Gewissen und den corpsstudentischen Idealen von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zu folgen. Dies vorausgeschickt, wird es nachvollziehbar, warum so viele Corpsstudenten sich im Widerstand gegen den Nationalsozialismus engagierten und sogar ihr Leben für ein ‚besseres Deutschland’ wagten.“ Ganz unterschiedlich waren dabei die Gründe, die eine signifikante Zahl von Corpsstudenten dazu bewegten, sich verschiedenen – stark voneinander verschiedenen – Widerstandsgruppen anzuschließen. Diesem Thema galt der erste Teil des Vortrags.

In einem zweiten Teil, der sich nahtlos anschloss, ist von der Rolle und Geschichte jüdischer Verbindungen zu hören. Die erste von ihnen, die J.A.V. Kadimah Wien, gründete sich 1883, und bald schon gab es jüdische Verbindungen an jeder Universität. Sie gehörten zum Bild, doch sie sind nach Verbot und Verteibung, nach der Entrechtung jüdischer Mitbürger und der Shoah auch aus der Erinnerung verschwunden. So durften sich die Zuhörer auf eine Reise von Jena, wo mit dem KSCV erstmals ein Korporationsverband gegründet wurde, bis zu jüdischen Verbindungen in Berlin und Heidelberg, in Wien und Czernowitz freuen. Ein großer Band „Jüdische Verbindungen, jüdische Korporierte“ ist zudem derzeit bei dem Referenten in Arbeit. Das Werk wird im Programm eines auf seinem Gebiet führenden Publikumsverlages erscheinen.

Corps-Gespräche, 29. Mai 2024: Dieser Vortrag ist jetzt über unseren Youtube-Kanal abrufbar.

Der Referent betont in seinen Ausführungen die Wichtigkeit, stets wachsam gegenüber Anzeichen von Rassismus, Diskriminierung und Ungerechtigkeit zu sein. Eine Schlüsselfunktion kommt dabei, so viel sei hier bereits angedeutet, dem Toleranzprinzips der Corps zu, das sich die paritätischen Verbindungen im Burschenbunds-Convent zu eigen machten und auch durchhielten, als andernorts, auch im Kösener Senioren-Convents-Verband, der Antisemitismus vorübergehend gesiegt hatte. Doch Diktatur und Verbotszeit sind vorbei. Wichtig ist es Sebastian Sigler dementsprechend, jede Form und alle Versuche heutiger Delegitimierung von Verbindungen sichtbar zu machen und als ungerechtfertigte Anmaßung zu brandmarken.

Das Tragen von Band und Mütze verengt nicht den Blick und verstellt nicht den Blick auf die Realität, wie das Antifa, Grüne Jugend und andere Linksextremisten zu insinuieren versuchen. Das Gegenteil ist indessen richtig. Wer Couleur trägt, sieht mehr, blickt tiefer, denn er verfügt über Archive und Quellen, die andere Forscher ignorieren, sei es aus Unkenntnis, sei es aus ideologischer Verbohrtheit. Couleur zu tragen signalisiert damit fachliche Qualifikation.

Toleranz bedeutet zu einem wesentlichen Teil, die Freiheit von Ideologie und Denkbeschränkung zu leben. Diesem Ideal hat sich die Studentengeschichte verschrieben, so ist es beim AKSt zu erleben. Seine Bedeutung erhält diese speziell qualifizierte Sparte der Geschichtswissenschaft dadurch , daß man gewiß nicht fehlgeht, wenn man Studentengeschichte als Zeitgeschichte unter dem Vergrößerungsglas begreift. In ihren Details spigeln sich die Ereidnisse der Welt um sie herum, denn Studenten sind Kinde ihrer Zeit und waren dies immer. Dieser Geist prägt auch den in unserer Aufnahme hier abrufbaren Vortrag und die dazugehörige Diskussion bei der 32. Auflage der Corps-Gespräche. Viel Freude beim Zuhören!

Schmitt / Sigler

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