Darstellung der freischlagenden Verbindungen in der Schweiz

Der Ursprung der studentischen Idee, sich in Verbindungen zusammenzutun, liegt im Spätmittelalter. Die Satisfaktion mit der Waffe war obligatorisch, Pflichtmensuren kein Thema, jeder Zusammenschluß faktisch freischlagend. In der Schweiz hat sich dann ab dem frühen 19. Jahrhundert eine freischlagende Verbindungslandschaft etabliert – differenzierter als in jedem anderen Land. Peter Platzer und Thomas Keller haben sie in einem Kompendium dargestellt, das nun aktualisiert erschien.

Couleurkarte der in Zürich ansässigen Manessia Turicensis, kurz Manessia Zürich, etwa 1928.

Die zweite Auflage des erstmals 1980 veröffentlichten Buches „Darstellung der freischlagenden Verbindungen in der Schweiz“ erschien im Dezember 2022 als Teil der so bekannten wie renommierten Schriftenreihe der Schweizerischen Vereinigung für Studentengeschichte, SVSt, der Documenta et Comentarii (DeC), als Nummer 36. Die Autoren rufen ihrer Leserschaft gleich zu Beginn den historischen Kontext in Erinnerung: „Begriffsbildung und Einteilung in schlagende, freischlagen­de und nichtschlagende Verbindungen tauchten erst spät auf, und zwar im 20. Jahrhundert; Einteilungen kamen von aussden.“ So wird der Grund für eine interessante und vor allem signifikante Darstellung gelegt. Denn mehrheitlich waren die Verbindungen der Schweiz „freischlagend“, auch so bedeutende, schweizweit verbreitete wie die Zofingia.

Zwei wichtige Richtungen der Couleur-Welt in der Schweiz, die heute mensurbeflissen sind, werden in diesem Band aufgrund ihrer Geschichte ebenfalls berücksichtigt. Erstens handelt es sich um die Helvetia, die ein Dachverbandsprinzip hat, wobei die Westschweizer unter den ihnen allerdings nichtschlagend sind. Zweitens sind auch die Mitgliedsbünde der Schweizerischen Akademischen Turnerschaft (SAT) in diesem Buch zu finden, denn in ihren Anfängen waren sie auch freischlagend. Die Schweizer Corps, darunter Kösener und Aarburger, finden nur marginal Erwähnung – und zwar, sofern sie eine Bedeutung auf die Entwicklung der Freischlagenden hatten.

Couleurkarte der Jurassia Basel, gedruckt um 1905, mit Grüßen versehen, frankiert und versandt am 2. Mai 1908.

Was darf der Leser auf den 100 Seiten, die dieser Band umfasst, erwarten? Zunächst eine allgemeine Darstellung der Verbindungslandschaft, sofern freischlagend, mit Begriffsdefinition, historischem Abriss und kurzer Analyse der heutigen Situation. Somit wird das Feld abgesteckt, werden Probleme benannt, ist schon bedeutendes Wissen vermittelt. Sodann folgt eine vertiefende Darstellung der freischlagenden Verbindungen, aufgeschlüsselt nach Hochschulstädten; Basel, Bern und Zürich bilden die Schwerpunkte. Dieselbe Aufzählung ergibt sich dann bei der Darstellung der einzelnen Verbindungen, wiederum sortiert, alphabetisch nach den Schweizer Hochschulstädten.

Eine wichtige Liste, in der alle Zirkel enthalten sind, sowie nützliche Informationen ergänzen diese handliche Ausgabe. Ein kleiner, aber feiner Bildteil wurde ihr beigegeben, aus ihm sind in diesem Beitrag Beispiele zu sehen. Vor einer Reise in die Schweiz, aktuell vielleicht bereits zum am 22. März 2023 anstehenden Swiss Couleur Day, empfiehlt sich jedenfalls ein Blick in dieses schöne Werk, das über die SVSt für 20 Schweizer Franken und hier bei uns für 20 Euro zu erhalten ist.

Peter Platzer / Thomas Keller, Darstellung der freischlagenden Verbindungen der Schweiz, Hrsg. Schweizerische Vereinigung für Studentengeschichte, Studentica Helvetica. Documenta et Comentarii, Nr. 36, Bern 2022, 100 Seiten, broschiert, ISBN 978-3-00-074278-1, 20 Euro (D), 20 SFR (CH), jeweils zzgl. Versandkosten.

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