Natürlich möchte jeder wissen, wie es wirklich zugeht auf einem gutsortierten Verbindungshaus. Studienanfänger bekommen die Gelegenheit gratis, sie sind als Spefüchse umworben. Und wissen häufig gar nicht, wie gut sie es haben! Doch für alle, die nicht mehr studieren, keine Zeit mehr haben oder sich ungeschickt als Gegner der Verbindungen positionierten und nun ihrer klandestinen Neugier nachgehen wollen, gibt es jetzt Abhilfe. Carsten Kreklau hat ein Buch geschrieben, in dem steht, wie’s wirklich ist: 121 Episoden aus dem Alltag der fiktiven Studentenverbindung Libertitia. Und wir können ein Menge faktenbasierte Lesefreude bei feiner Ironie versprechen, gewürzt mit einem Schuß Satire.
Verheißungsvoll beginnt dieses Buch: „Nur wenige hundert Meter vom Hauptgebäude der Hochschule entfernt weht vor einem repräsentativen Verbindungshaus eine Fahne mit einem altehrwürdigen Wappen unter dem ‚Libertitia sei’s Panier!’ zu lesen ist.“ So führt uns Carsten Kreklau in die fiktive Welt der Studentenverbindung „Libertitia“ ein. Bereits nach kurzer Lektüre wird uns klar, dass die Geschichten mit ihren verschiedenen Charakteren sehr eng an die Wirklichkeit angelehnt sein müssen.
Wir werden bekannt mit „Alten Herren“, die sich um den Fortbestand der Verbindung sorgen und den Aktiven gerne mit Rat und Tat zu Hilfe eilen – im Einzelfall mit etwas zu viel von beidem . Mit dem Damenkränzchen, dessen Mitgliedschaft aus den Ehefrauen der Erstgenannten besteht – und die natürlich immer die interessantesten Ideen für die Gestaltung des Verbindungslebens haben und diese entsprechend gerne vortragen. Natürlich lernen wir auch die Aktiven kennen, die jedes Semester aufs neue aus ihrer Mitte das Präsidium mit dem Senior oder einfach die Chargierten wählen, bei jeder Verbindung heißt das ein wenig anders. Überall aber sind die Aktiven eifrig bestrebt, nicht nur ihre traditionellen Rituale zu zelebrieren, sondern auch auf die sich stets verändernde Gesellschaft möglcisht souverän zu reagieren. Häufig, indem sie sich puerile Scherze ausdenken und diese dann auch völlig ungeniert ausführen. Und das umso öfter, je vehementer sich die lieben Nachbarn einerseits und die noch lieberen eigenen Alten Herren andererseits darüber beschweren.
Und hat Carsten Kreklau genug Überblick für so ein Buch? Oh ja, durchaus! Immerhin war er für den Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) geschäftsführend tätig. Zu Studienzeiten war er bei den Turnerschaften Berlin (früher T! Ostland) und Merovingia Darmstadt im Coburger Convent (CC) aktiv. Er übernahm während und nach Beendigung des Studiums diverse Aufgaben für den seinen Dachverband. Unter anderem war er Mitglied des CC-Rates, CC-Amtsleiter und AHCC-Beauftragter. Nicht zuletzt leitete er in den Jahren 1977/78 den CC als Sprecher des Verbandes.
Mit Liebe zum Detail und ohne Wertung bringt Kreklau seine zumeist recht kurzen Geschichten zu Papier, sie stimmen den Leser teils nachdenklich oder entlocken ihm auch ein süffisantes Schmunzeln. Der Autor gewährt einen gelungenen Einblick in das Leben von Studentenverbindungen, ob sie nun konservativ oder progressiv, religiös ungebunden oder christlich, nicht- oder pflichtschlagend sind. Das gelingt elegant und witzig, dabei zugleich leichtfüßig und tiefgründig. Dieses Buch ist keinesfalls ausschließlich für Korporierte geschrieben! Alle Leser, die in die verbindungsstudentische Welt hineinschnuppern wollen, finden hier, was sie suchen. Oder haben zumindest ihren Spaß.
Der Autor spendet sein Honorar für die „Ukraine-Hilfe“ für die Zivilbevölkerung der gemeinnützigen Hugo Auvera Stiftung.
Wir sagen: „Bravo!“
Carsten Kreklau, Es leben die Studenten auf dem Haus, WHB-Verlag Mönchengladbach 2023, 316 Seiten, gebunden in Fadenheftung mit Kapitalband und Lesebändchen, ISBN 978-3-943953-09-1, 19,90 Euro.