Am 11. Januar 2020 ist in Basel gleich zweimal gefeiert worden. Zum einen wurde der Studentenhistoriker, Sammler und Mäzen Robert Develey, rechts im Bild beim Feierlichen Landesvater, anläßlich seines 90. Geburtstages geehrt. Zum anderen feierte der SVSt sein 35-jähriges Bestehen. Es sollte die letzte unbeschwerte Feier vor der Corona-Krise werden.
Der Ort für den Festakt ist mit Bedacht gewählt worden. Basel sollte es sein, da der kurz vor seinem 90. Geburtstag stehende Studentenhistoriker Robert Develey im Mittelpunkt der Veranstaltung stehen sollte. Und der bekannte Zofinger ist in der Rheinstadt daheim, wie dies schon unschwer an seinem Dialekt zu erkennen ist. Die Stadt bietet auch den unbestreitbaren Vorteil, dass sie sehr gut von Deutschland aus erreichbar ist. Entsprechend war die rund 45köpfige Teilnehmerschar der Basler Tagung international durchmischt. Diese Zusammensetzung ist auch mit ein Grund für die Überraschung, die an diesem Tag präsentiert wurde: Der Festband zu Ehren von Robert Develey wurde gleich mit dem Tagungsband des Deutschen Studenthistorikerverbandes kombiniert.
In Basel wurde für die Zusammenkunft ein altehrwürdiges Lokal ausgewählt. So stiegt die Feier im Intarsiensaal des jahrhundertealten Restaurants Löwenzorn Das Haus gehört seit 1996 einer Genossenschaft, die sich aus Mitgliedern der Turnerschaft Alemannia und der StV-Verbindung Raurachia zusammensetzt.
Reminiszenzen aus der Vereinsgeschichte
Mit knapp einer viertelstündigen Verspätung – der Biernachschub in den schönen, großen Glaskrügen musste zunächst sichergestellt werden – eröffnete SVSt-Präsident Benedicht Rindlisbacher die Tagung mit einem kurzen Rückblick auf die Geschichte der Vereinigung. Am 15. Dezember 1984 wurde der Verein von 22 Verbindungen aus der Taufe gehoben. Im Jahr darauf erschien die erste Ausgabe des Vereinsorgans Studentica Helvetica, des «gelben Heftes».
Nochmals ein Jahr später wurde die Bibliothek des Schweizerischen Waffenrings, seinerzeit von Max Richter initiiert, übernommen. Diese wurde dann in jüngster Zeit ergänzt durch die riesige Sammlung von Robert Develey, jenes Mannes, dessen Ehrung später noch anstand. «Damit ist die studentenhistorische Bibliothek des SVSt wohl die grösste nach Würzburg», meinte Rindlisbacher. 1987 gab der SVSt das erste Documenta et Commentarii (DeC) heraus. Mittlerweile sind 33 Bände in dieser Reihe erschienen. Mit Paul Ehinger und Peter Platzer gaben darauf zwei ehemalige SVSt-Präsidenten einige Reminiszenzen zum Besten. Ersterer, der zudem jahrelang als SH-Redaktor wirkte, gab einen Abriss aus den Eintragungen in seinen sechs kleinen Tagebüchern. Ein einschneidendes Erlebnis war dabei offenbar das Jahr 1985, als er die erste Frau in Couleur sah.
Der vormalige Präsident Peter Platzer zeigte auf, dass der kleine Schweizer Verband den Deutschen und Österreichern voraus sein wollte, vor allem punkto Gemütlichkeit. Deshalb wurden nicht nur Kneipen organisiert, sondern auch ein Großanlass zum 700-jährigen Bestehen der Schweiz. Die 1.100 Besucher schafften es damals mühelos, den Berner «Kübel» trockenzulegen. Am Fest blieben rund 80 Gegenstände zurück, drei Schläger sowie eine Fahne wurden als vermisst gemeldet. Ausserdem wurde vom SVSt eine Bilderausstellung organisiert oder auch eine Ausstellung zu jüdischen Verbindungen, zu der die Berner Singstudenten eigens jüdische Lieder einstudierten. 100 Kassetten – ja, die gab es damals noch als Tonträger – wurden in die halbe Welt verkauft. Und dann war da noch die leidige Geschichte mit dem Couleurmuseum…
Ein ganzes Buch zu Ehren von Develey
«Er hat einen feinen Humor und ein charmantes Auftreten», führte Rindlisbacher hinüber zur Ehrung für den damals fünf Tage vor dem 90. Geburtstag stehenden Robert Develey. Er habe sich nicht nur als akribischer Publizist von Quellen-Standardwerken hervorgetan, sondern auch als grosszügiger Spender. 2500 Bände gingen in die Nationalbibliothek über. «Beim Abtransport der Bücher habe ich aber auch das glückliche Gesicht von Develeys Gattin gesehen», meinte Rindlisbacher.
Hans Georg Brunner v/o 3:6, Centralpräsident des Altzofingervereins, schloss an den Dank an, übermachte Develey doch 2018 viele Sammlungsstücke dem Zofingermuseum. Die Vermachenschaft waren sogar so groß, dass eigens ein neuer Verein als Trägerschaft geschaffen werden musste. Die Ausstellung wird nun um einem speziellen Bereich, die Scandalitis Tobiniesis – 200 Jahre beanstandeswertes Verhalten der Zofingerstudenten – ergänzt. Besonders in den 1850er Jahren gerieten sich Zofinger und Helveter zuweilen heftig in die Haare, wovon manche Memoralbilie zeugt.
Darauf war es an Sebastian Sigler, dem Vorsitzenden des Arbeitskreises der Studentenhistoriker, und Peter Johannes Weber von der SVSt, die frisch gedruckte Festschrift dem Jubilaren zu überreichen. Der Geehrte gab seinerseits einen kurzen Einblick in die Ursprünge seiner Sammlungswut. Mit einem Döschwo fuhr er in den 1960er Jahren nach Heidelberg zur Turnerschaft Ghibellinia. Ein mit Abfallcontainern entzündetes Freudenfeuer, das musikalisch untermalt wurde, trug ihm nicht nur eine Buße von fünf Mark ein, sondern löste in ihm auch das innere Feuer für die Studentengeschichte aus. «Mit Schwarzgeld ist damals der Grundstock meiner Sammlung angelegt worden», bekannte Develey verschmitzt lächelnd. Der Anlass erreichte mit einem Landesvater seinen würdigen Höhepunkt. Erwurde fortgesetzt mit einem Nachtessen und endete mit einem nicht immer leisen und bis spät in die Nacht andauernden Ausklang im tiefen Keller der Helvetia Basel.
Christian Brändli
Dieser Bericht ist zuerst in der Studentica Helvetica erschienen. Wiedergabe von Text und Bildern (1, 3, 4) mit freundlicher Genehmigung des Autors. Bild 2: Sigler