Der Nationalsozialismus hat eine blutige Spur der Gewalt in der katholischen Kirche hinterlassen, und davon sind weit über 800 katholische Korporierte betroffen. In Rom liegen derzeit allein 13 Seligsprechungsverfahren für Geistliche, die korporiert waren, zur Entscheidung. Unsere Partner vom OeVfStG haben nun die ersten sechs Märtyrer genannt, ein zweiter Teil folgt. Der Erste in unserer im Folgenden aufgeführten Reihe, Carl Lampert, wurde bereits seliggesprochen.
Carl Lampert
Priester und Märtyrer, Katholische Feriensippe Raetia in Rankweil
Lampert wurde am 9. Januar 1894 als jüngstes von sieben Kindern in Göfis bei Feldkirch in eine bäuerliche Familie geboren. Nach der Volksschule besuchte er das staatliche Gymnasium in Feldkirch. Nach der Matura trat Lampert in das Fürsterzbischöfliche Priesterseminar in Brixen ein und wurde dort am 12. Mai 1918 zum Priester geweiht. Er war dann als Kaplan in Dornbirn tätig. 1930 inskribierte er Kirchenrecht am Collegio Teutonico di Santa Maria dell’Anima in Rom und wurde 1935 zum Leiter des kirchlichen Gerichts in Innsbruck bestellt. 1938 war Lampert als Nachfolger des Administrators von Innsbruck-Feldkirch – das zur Diözese Brixen gehört – im Gespräch. Papst Pius XI. zog schließlich Paul Rusch vor und ernannte Lampert zum Provikar.
Mit den Nationalsozialisten kam Lampert schnell in Konflikt, er wurde mehrfach in Schutzhaft genommen, so wegen seines Protests gegen die gewaltsame Aufhebung des Klosters der Ewigen Anbetung in Innsbruck. Als 1940 die Todesanzeige für Otto Neururer das KZ Buchenwald als Todesort nannte, wurde Lampert wieder verhaftet, ins Konzentrationslager Dachau eingeliefert und für qualvolle Wochen auch ins KZ Sachsenhausen überstellt. Zwar wurde er im August 1941 von dort entlassen, doch die Gestapo wies ihm Pommern als Zwangsaufenthalt zu. Lampert zog nach Stettin und wurde im Stift St. Carolus als Seelsorger tätig. Seine regimekritische Haltung behielt er bei. Die Gestapo setzte auf Lampert einen Spitzel an und überwachte seine Telefonate, Gespräche und seinen Briefverkehr.
Im Februar 1943 wurde Carl Lampert erneut festgenommen und bei Verhören schwer misshandelt. Die Gestapo warf ihm außer Meinungsäußerungen über die Verschleppung von Juden und die Ermordung von Patienten aus Heilanstalten auch das Abhören ausländischer Sender und die Begünstigung von Zwangsarbeitern vor. Lampert wurde im Dezember 1943 erstmals für schuldig befunden. Wegen gerichtsinterner Streitigkeiten über das Strafmaß – einige Richter plädierten für die Todesstrafe, andere für eine lange Haftstrafe – wurde das Urteil nicht unterzeichnet. Im Jänner 1944 wurde der Prozess an das Reichskriegsgericht in Torgau delegiert, Lampert ebenfalls dorthin überstellt und sieben Monate nahezu in Isolationshaft gehalten. Das 1943 gefällte Urteil wurde in allen Punkten bestätigt. Generalstabsrichter Lueben, der das Todesurteil hätte unterschreiben müssen, beging in der Nacht vor der Urteilsverkündung Selbstmord. Die Haltung Luebens ist insofern interessant, als er bei anderen Todesurteilen keineswegs als sonderlich sensibel galt. Eine der letzten Aussagen Luebens war, dass es sich im Falle Lamperts weder um einen Verbrecher noch um ein asoziales Element handelte und Lamperts einzige Tragik wäre, katholischer Priester zu sein.
Am 8. September 1944 wurde Carl Lampert vom Reichskriegsgericht zum Tode verurteilt, am 13. November 1944 zusammen mit zwei anderen Geistlichen ins Zuchthaus „Roter Ochse“ in Halle an der Saale gebracht und dort mit dem Fallbeil hingerichtet. Provikar Dr. Carl Lampert war der ranghöchste katholische Priester, der von den Nationalsozialisten ermordet wurde. Das Seligsprechungsverfahren wurde 1998 eingeleitet. Am 13. November 2011, an seinem 67. Todestag, wurde Carl er in der Stadtpfarrkirche St. Martin in Dornbirn seliggesprochen.
Bruno Bludau
Priester und Märtyrer, KDStV Aenania München
Bruno wurde am 9. September 1890 in Bürgerwalde im Kreis Braunsberg, Ostpreußen, geboren. Er wuchs in Heilsberg auf, besuchte das Gymnasium in Rößel und studierte Theologie am Lyceum Hosianum in Braunsberg und München, wo er am 26. April 1913 bei der KDStV Aenania rezipiert wurde. Am 9. Juli 1916 wurde er in Frauenburg zum Priester geweiht. Er war von 1920 bis 1931 als Kaplan in der Propsteikirche in Königsberg und anschließend als Pfarrer in Plauten tätig. Pfarrer Bludau war in seiner Pfarre sehr beliebt. Er galt als ruhig, zuverlässig und überlegt. Kinder mochten ihn besonders.
Beim Einmarsch der Roten Armee im Winter 1945 zog er sich mit anderen in einem Bauernhof zurück, wurde von den Russen aber im Keller des Gehöftes aufgespürt und gefesselt über Heilsberg und Insterburg in den Ural verschleppt, wo er am 5. Mai 1945 verstarb. Bludau war bei seinem Tod 54 Jahre alt. Das Seligsprechungsverfahren wurde vom Erzbistum Ermland 2008 eingeleitet und 2011 abgeschlossen. Der Akt liegt in Rom zur endgültigen Entscheidung auf.
Paul Albert Katscherowski
Priester und Märtyrer, KDStV Winfriedia Breslau, heute Münster
Paul wurde am 7. November 1891 in Neustadt in der Kaschubei geboren, maturierte ebenda und studierte in Pelpin und Breslau katholische Theologie. In Breslau trat er am 4. Mai 1911 der KDStV Winfriedia bei. Nach seinem dreijährigen Kriegsdienst wurde er 1918 in Pelpin zum Priester geweiht und nach Zwischenstationen in Osterode (Niedersachsen) und Marienwerder 1933 zum Pfarrer in Wuttrienen im Erzbistum Ermland bestellt. Dort hielt er auch in polnischer Sprache Gottesdienste und kümmerte sich fürsorglich um polnische Kriegsgefangene, obwohl beides von den nationalsozialistischen Behörden ausdrücklich untersagt war. Dafür wurde er bei einem Spaziergang von Nationalsozialisten überfallen und so schwer verletzt, dass er am 28. Oktober 1939 in Alter von nur 47 Jahren im Krankenhaus von Allenstein verstarb.
Die Römisch-katholische Kirche hat Katscherowski als Märtyrer in das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts aufgenommen. Das diözesane Seligsprechungsverfahren wurde 2008 im Erzbistum Ermland eingeleitet und 2011 abgeschlossen. Der Akt liegt in Rom zur Begutachtung.
Johannes Lindenblatt
Priester und Märtyrer, KDStV Hercynia Freiburg
Der am 23. Juni 1882 in Tollnigk im Ermland geborene Johannes (auch Hans oder Johann genannt) maturierte in Rößel und studierte anschließend Theologie in Freiburg im Breisgau, wo er am 22. April 1901 bei der KDStV Hercynia rezipiert und nach eigener Aussage ein „eifriger CVer“ wurde. Er setzte seine Studien an der Hochschule in Braunsberg fort und empfing am 9. Juli 1905 in Frauenburg die Priesterweihe. Anschließend wurde er als Kaplan in Königsberg tätig. Im Ersten Weltkrieg diente Johannes als Divisionspfarrer im 1. Armeekorps und war in den Schlachten von Tannenberg, Suwalki und Lowicz eingesetzt. Johannes brachte es bis zum Major und wurde mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse und dem Verwundetenabzeichen ausgezeichnet. Sein Hauptanliegen während des Krieges war die Seelsorge verwundeter Soldaten.
1920 wurde er als Pfarrer in Rastenburg installiert, wo Katholiken mit einem Bevölkerungsanteil von nur rund fünf Prozent eine sehr kleine Minderheit bildeten. Lindenblatt, der ja selbst aus Rastenburg stammte, war mit seiner Gemeinde eng verbunden, unterhielt aber auch zur evangelischen Kirche gute Kontakte, bis zum Schluß: Zum Jahresbeginn 1945 rückten russische Truppen unaufhaltsam in die deutschen Ostgebiete vor und nahmen Rastenburg ein. Am 27. Jänner führten Rotarmisten den Pfarrer aus dem Presbyterium seiner Kirche ab. Er wurde am nächsten Tag gemeinsam mit anderen Rastenburgern erschossen in einem Straßengraben aufgefunden. Pfarrer Johannes Lindenblatt ging als Glaubenszeuge in das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts ein. Sein diözesaner Seligsprechungsprozess wurde 2008 initiiert und 2011 abgeschlossen. Der Akt wurde nach Rom überstellt.
Franz Reinisch
Priester und Märtyrer, KÖSTV Sternkorona Hall, KÖHV Leopoldina Innsbruck, AV Rheno-Guestfalia Kiel
Franz Reinisch wurde am 1.0.1903 in Feldkirch in Vorarlberg geboren. Sein Vater wurde als Finanzbeamter oft versetzt, so zog die Familie von Feldkirch nach Bozen, Bruneck und schließlich nach Innsbruck. Franz besuchte das Gymnasium der Franziskaner in Hall in Tirol. Dort fand er Kontakt zur Pennälerverbindung Sternkorona und wurde am 14.5.1919 rezipiert. Er nahm den Couleurnamen Spund an und bekleidete zweimal die Charge des Conseniors und einmal die des Schriftführers.
1922 inskribierte er Jus an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck und trat der KÖHV Leopoldina bei. Während eines Studiums der Gerichtsmedizin in Kiel gehörte Reinisch auch der AV Rheno-Guestfalia an. Reinisch wechselte zur Theologie. 1925 kam er ins Priesterseminar nach Brixen, lernte dort den Pallotinerorden kennen und trat ihm bei. 1928 wurde Reinisch in Innsbruck zum Priester geweiht. Als Pallotiner wirkte er überwiegend als Prediger und Leiter von Einkehrtagen. Seine scharfe Kritik an Hitler und der NSDAP brachte ihm 1940 ein Rede- und Predigtverbot im Deutschen Reich ein.
Zu Pfingsten 1942 wurde Reinisch zur Sanitäts-Ersatzabteilung 13 in Bad Kissingen eingezogen. Er rückte einen Tag verspätet ein und begründete seinen Protest u.a. mit dem Missbrauch der deutschen Wehrmacht durch den Nationalsozialismus. Er verweigerte als einziger katholischer Priester im „Dritten Reich“ den Fahneneid auf Adolf Hitler. Reinisch war sich der Folgen seines Handelns bewusst. So wurde er wegen Wehrkraftersetzung eingesperrt, nach Berlin-Tegel ins Wehrmachtsgefängnis gebracht, am 7.7.1942 vom Reichskriegsgericht zum Tod verurteilt und schließlich am 21.8.1942 durch das Fallbeil hingerichtet.
Schon bald nach seinem Tod wurde Reinisch als Märtyrer des Gewissens bezeichnet und verehrt. 2013 eröffnete der Bischof von Trier den diözesanen Seligsprechungsprozess, der 2019 nach sechs Jahres abgeschlossen wurde. Der Akt wurde der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechung übergeben.
Arthur Schulz
Priester und Märtyrer, AV Tuisconia Königsberg zu Landshut
Arthur wurde am 11.11.1897 in London geboren, wuchs im westpreußischen Braunsberg auf, studierte ebenfalls in Braunsberg am Lyceum Hosianum Theologie und wurde am 15:7.1927 in Frauenburg zum Priester geweiht. Bereits 1920 war Schulz in der AV Tuisconia Königsberg rezipiert worden.
Als Kaplan kam Arthur wegen seiner erfolgreichen Jugendarbeit mit der Hitlerjugend in Konflikt und wurde von den nationalsozialistischen Behörden mit einem Ausbildungsverbot belegt. 1935 wurde er Pfarrer in Trauburg.
Anfang 1945 wurde wegen des Vorrückens der russischen Truppen die Bevölkerung evakuiert. Pfarrer Schulz floh nach Bischofstein. Einen Tag nach seiner Ankunft rückten auch dort die Russen ein. Noch am selben Tag wurde Schulz im Pfarrhaus von einem russischen Offizier erschossen.
Das Seligsprechungsverfahren wurde im Erzbistum Ermland 2008 eröffnet und 2011 abgeschlossen. Der Akt liegt zur Prüfung in Rom.
Bruno Siegel
Priester und Märtyrer, AV Tuisconia Königsberg zu Landshut
Bruno wurde am 6.11.1889 in Briesen (Westpreußen) als Sohn eines Bierbrauers geboren. Nach der Reifeprüfung und dem Abschluss der theologischen Studien am Lyceum Hosianum in Braunsberg wurde er mit 24 Jahren am 26.1.1913 in Frauenburg zum Priester geweiht. Bruno wurde als Kaplan tätig, zuerst in Freudenberg und von 1914 bis 1920 in Sensburg. Während des Ersten Weltkrieges diente er als Kaplan in einer Garnison in Kurland. 1921 wurde er Kaplan in Guttstadt, 1932 Pfarrer in der Kreuzerhöhungskirche in Liebstadt. Während seiner Sensburger Zeit ist Siegel der AV Tuisconia Königsberg im CV beigetreten.
In der Winteroffensive 1945 nahmen die russischen Truppen am 23.1. Liebstadt ein. Am 30.1. wurde Pfarrer Siegel von russischen Soldaten im Presbyterium verhaftet und abgeführt. Noch am selben Tag wurde seine Leiche gemeinsam mit der des evangelischen Pfarrers im nahen Wald aufgefunden- Die näheren Umstände des Todes sind nicht bekannt.
Das Erzbistum Ermland eröffnete 2008 das diözesane Seligsprechungsverfahren, das 2011 mit der Übersendung des Aktes nach Rom abgeschlossen wurde.