Vor 100 Semestern hat Martin Dossmann sein Studium der Rechtswissenschaften in Bonn begonnen. Damals hat ihn Corps Guestphalia Bonn aufgenommen, dem er bis heute angehört. Nun hat er eine maßstabsetzende Geschichte der ersten elf Jahrzehnte seiner Westfalen veröffentlicht. Er fragt heute: „Warum bin ich Mitglied eines studentischen Corps geworden?“ Seine Antwort ist überzeugend, aber auch überraschend. Das Wort hat Dossmann Guestphaliae Bonn, Isariae, Rhenaniae Freiburg:
Warum bin ich Mitglied eines studentischen Corps geworden? Zur Beantwortung dieser Frage will ich nachfolgend auf die Geschichte der Corps zurückblicken, ihr Selbstverständnis erläutern und mich mit den Kritikpunkten beschäftigen, die – teils von wenig Faktenwissen getragen – häufig gegen Corps vorgetragen werden. Zwei dieser Punkte diskutiere ich ausführlicher, die drei anderen sind mit relativ kurzen Anmerkungen recht gut zu kontern, und so habe ich das probiert.
Die ersten Corps wurden bereits am Ende des 18. Jahrhunderts gegründet. Ihre Mitglieder vertraten die Toleranzideen der Aufklärung. Sie fühlten sich den humanistischen Ideen des deutschen Idealismus eng verbunden. Insbesondere übte der Philosoph Johann Gottlieb Fichte mit seinen Freiheitsideen einen starken Einfluss auf die Studenten aus. Die Leitideen der Corps waren damals Freiheit, Freundschaft und Toleranz, wie sich aus den alten „Constitutionen“ der Corps ergibt.
Nachdem das Königreich Preußen durch Napoleons Eroberungen seine damals größte Universität Halle verloren hatte, erhielt Wilhelm v. Humboldt den Auftrag, 1809 in Berlin eine neue Universität zu gründen. Für diese Universität entwickelte er den Grundsatz der Einheit von Lehre und Forschung. Die neue Universität bildete und forschte, sah sich aber nicht zur Erziehung der Studenten verpflichtet. Dieses Defizit eröffnete den studentischen Corps die Chance, die Universitätsausbildung durch ihr eigenes Modell einer charakterlichen Erziehung zu ergänzen.
Worin besteht das Erziehungsmodell der Corps, das bis heute praktiziert wird? Die Erziehung erfolgt insbesondere bei den Conventen, zu denen die jungen Corpsbrüder – auch heute noch – jede Woche zusammenkommen. Auf dem Convent muss jeder Rede und Antwort stehen, Dort wählen die Mitglieder die Verantwortlichen für bestimmte Aufgaben. Jeder Gewählte kann dann ein Semester lang beweisen, ob er der Aufgabe gewachsen ist. Jeder wird dort – und idealerweise nur dort – persönlich kritisiert, wenn sein Verhalten nicht in Ordnung war.
Diese Kritik ist mitunter unverblümt und recht scharf – so etwas haben viele junge Menschen vorher bei ihren nachsichtigen Eltern nicht erlebt. Wenn man falsch gehandelt oder sich danebenbenommen hat, kritisieren gleichaltrige Freunde dieses Verhalten in direkter Ansprache beim Convent. Diese offene Kritik von Corpsbrüdern, die bei jedem bleibende Erinnerungen hinterlässt, prägt das Miteinander nachhaltig. Die Kritik führt allerdings nicht zu einem Zerwürfnis zwischen den Corpsbrüdern. Absender und Empfänger der Kritik trinken nach dem Convent ein Bier zusammen und die jeweilige Meinungsverschiedenheit ist beigelegt.
Bei schwerwiegenden Verfehlungen kann es auch dazu kommen, dass man Ämter und Funktionen durch Mehrheitsbeschluss im Convent mit sofortiger Wirkung verliert. Das muss die Freundschaft untereinander aushalten. Im nächsten Semester kann man dann aber erneut in ein Amt gewählt werden – meist in anderer Funktion. Man erhält also eine neue Chance.
Die Convente und ihre Arbeitsweise sind eine hervorragende Vorbereitung auf das, was viele Studenten erst später bei beruflichen Erfahrungen in Unternehmen kennenlernen. Im Corps erleben die Studenten einen Mikrokosmos, der für später bestens vorbereitet. Sogar das Scheitern in einem Amt, das man bekleidet, ist eine wichtige Erfahrung. Man lernt, wieder aufzustehen und weiterzumachen – höchst nützlich für das spätere private und berufliche Leben!

1818 gründete das Königreich Preußen eine Universität in Bonn, die 1819 ihren Vorlesungsbetrieb aufnahm. Ein Jahr später wurde das Corps Guestphalia Bonn von sechs Studenten aus Westfalen gestiftet. Das war mehr als mutig, denn alle Studentenverbindungen, gleich jeder Art, waren mit den sogenannten „Karlsbader Beschlüssen“ verboten worden. Die Mitglieder, insbesondere die Gründer, wanderten nicht nur in den Karzer, sondern wurden regelmäßig sogar relegiert, also der Hochschule verwiesen. Das änderte sich erst nach dem Revolutionsjahr 1848 – unterschiedlich schnell, je nachdem, wie der Landesherr reagierte.
In diesem Jahr, 1848, tagte die Deutsche Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche, für die 585 Parlamentarier gewählt wurden; durch spätere Nachwahlen stieg die Zahl der Parlamentarier später noch. Mindestens 106 Corpsstudenten wirkten in diesem bedeutenden Gremium mit, darunter acht Mitglieder der Guestphalia Bonn sowie drei ihrer Renoncen.
Ebenfalls 1848 tagten erstmals alle deutschen Corps. Ein Mitglied der Guestphalia Bonn war dabei, als der Verband der Corps gegründet wurde. Bei der Verbandsgründung waren sich die Corps über ein gemeinsames Prinzip einig: Jeder Student sollte in politischer Hinsicht ungebunden sein. In den ersten Statuten des Verbands war festgelegt, dass Corps Vereinigungen von Studenten „mit vollständiger Freiheit des einzelnen in religiöser … und politischer Beziehung“ sind. In den aktualisierten Statuten von 1897 hieß es dann, Corps hätten den Zweck, die Mitglieder „ohne Beeinflussung ihrer religiösen, wissenschaftlichen oder politischen Richtung […] zu charakterfesten, pflichtgetreuen Männern heranzubilden.“
Während in nicht wenigen anderen Studentenverbindungen nur Studenten einer bestimmten Religion oder Konfession zugelassen sind, lehnen Corps eine solche Einschränkung grundsätzlich ab. Daher gehören den Corps von jeher Studenten verschiedener Religionen, Konfessionen, Nationen und Ethnien an. Und welche politische Meinung ein Student vertritt, hat bei Corps – im Gegensatz zu Burschenschaften – noch nie eine Rolle gespielt. Bis heute gilt in Corps politische und religiöse Toleranz.
Wenn es in den Statuten heißt, das Corps solle zur „Charakterfestigkeit“ ausbilden, mag man dieses Ziel vielleicht für antiquiert halten. Aber Charakter ist meines Erachtens heute mehr denn je gefragt, sowohl im privaten wie im öffentlichen Leben. In Zeiten, in denen Persönlichkeiten, die im öffentlichen Leben stehen, unerklärliche Gedächtnisausfälle haben, sind klare Haltungen und Meinungen wichtiger denn je. Corpsstudenten lernen in ihrer Aktivenzeit im Zusammenleben untereinander, Meinungen zu entwickeln und zu ihrer Meinung auch zu stehen. Im Convent wird zur Charakterfestigkeit erzogen.
Die Corps hatten in den letzten beiden Jahrhunderten eine wechselhafte Geschichte. Aufwind erhielten sie in Bonn durch den Umstand, dass das preußische Königshaus seine Kronprinzen zum Studium nach Bonn schickten und diese in ein Bonner Corps aufgenommen wurden. Während des Kaiserreichs gründeten ältere Mitglieder der Corps – sogenannte Alte Herren – jeweils einen Verein zur finanziellen Unterstützung ihres Corps. Dadurch konnten sich die Bonner Corps noch vor dem Ende des 19. Jahrhunderts eigene Häuser zulegen. Diese wurden zunächst nur für gesellige Zwecke genutzt. Später bewohnten die jungen Corpsmitglieder diese Häuser.
In der Wilhelminischen Zeit gab es eine Hybris mit dem Zerrbild der schmissetragenden, arroganten und überheblichen Corpsstudenten. Nachdem Corpsstudenten vor dem 1. Weltkrieg noch sehr luxuriös und verschwenderisch lebten, mussten sie nach dem Krieg unter französischer Besatzung kleine Brötchen backen.
Nach der Machtergreifung Hitlers erlebten die Corps während der Diktatur der Nationalsozialisten ihre schwerste Zeit. Sie standen vor der Entscheidung, sich entweder von Mitgliedern zu trennen, die – im Nazi-Jargon – „Rassejuden“ oder „jüdisch Versippte“ waren, oder ihren eigenen Fortbestand zu riskieren. Einige Corps lösten sich damals selbst auf, andere Corps trennten sich von den betroffenen Mitgliedern, obwohl man sich doch gegenseitig lebenslange Treue geschworen hatte. Dieses treulose Verhalten, das gegen ein wesentliches Corpsprinzip verstieß, nützte letztlich doch nichts, denn die Corps wurden – wie alle Verbindungen – von den Nazis verboten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Corpsverband in Bonn auf der Godesburg zu neuem Leben erweckt. Diesem Verband, der seit der Wiedervereinigung wieder jährlich in Bad Kösen tagt, gehören heute mehr als 100 Corps an. Sie stehen dabei im Wettbewerb mit anderen Studentenverbindungen. Wer seine Studienzeit in einem Freundeskreis erleben will, hat heute in Bonn die Auswahl unter 43 Studentenverbindungen, die sich stark unterscheiden. Einige Verbindungen haben ihren Schwerpunkt beim Sport, insbesondere beim Turnen oder Rudern, andere bei der Musik, speziell beim Singen, einige gehen auf die Jagd, viele fühlen sich religiös oder konfessionell verbunden.
Die Corps sind die ältesten in Bonn gegründeten und existierenden Verbindungen. Die Gründungsdynamik von Studentenverbindungen geht in Bonn über zwei Jahrhunderte bis in die heutige Zeit. Die jüngste Studentenverbindung wurde erst 2017 gegründet. Sortiert man die Bonner Studentenverbindungen nach Korporationstypen, finden sich 19 Katholische Verbindungen, sieben Burschenschaften, sechs Corps fünf davon Kösener Corps, zwei Landsmannschaften, zwei Turnerschaften und sieben sonstige Verbindungen. Zu den gängigen Vorwürfen gegen Corps und andere Studentenverbindungen:
Erster Vorwurf: reine Männervereine
Insbesondere weibliche Studierende kritisieren bei Corps oft eine fehlende Gleichstellung. Richtig ist, dass nicht nur Corps, sondern die meisten Verbindungen keine Studentinnen aufnehmen. Der Ursprung ist historisch erklärbar: Als Corps und andere Korporationen im 19. Jahrhundert gegründet wurden, gab es nur männliche Studenten. Die ersten Studentinnen wurden erst ab 1900 regulär immatrikuliert. Heute studieren in manchen Fächern deutlich mehr Frauen als Männer.
Gegen eine Mitgliedschaft von Studentinnen spricht der Umstand, dass es sich bei aktiven Verbindungsstudenten um eine Gruppe von 18-jährigen Männern handelt, die zusammen auf einem Haus wohnen. Würden neben den jungen Männern mit viel Drang auch noch junge Frauen auf dem Haus wohnen, könnten leicht Konflikte entstehen. Wenn dann auch noch starker Alkoholgenuss im Spiel ist, wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Vorfällen kommen, die man sich zwar vorstellen, aber nicht unbedingt wünschen kann. Für den Zusammenhalt des Freundeskreises kann dies zu sehr unerfreulichen Entwicklungen führen.
Zur Herstellung von Gleichstellung gibt es aber einen anderen Weg, der in Bonn auch erfolgreich beschritten wird: Zwei Verbindungen nehmen ausschließlich Studentinnen und keine männlichen Studenten auf. Ich halte das für eine gute Alternative für Studentinnen, die auch Mitglied einer Verbindung sein wollen.
Ob man diesen Damenverbindungen eine mangelnde Gleichstellung männlicher Studenten vorwirft, ist mir nicht bekannt. Diesem Vorwurf würde ich mich jedenfalls nicht anschließen. Denn ich bin davon überzeugt, dass es für die Zukunft einer Gemeinschaft, die eine lebenslange Freundschaft anstrebt, nicht günstig wäre, wenn männliche und weibliche Mitglieder eine gemischte Verbindung bereits mit 18 Jahren für den Rest ihres Lebens eingehen – weil es verfrüht wäre.
Zweiter Vorwurf: Fechten
In der Öffentlichkeit wird besonders das Fechten kritisiert, das in einigen Studentenverbindungen nach wie vor praktiziert wird. In 16 Bonner Verbindungen wird gefochten, davon sind elf pflichtschlagend, darunter in fünf Kösener Corps. In diesen „schlagenden Verbindungen“ muss also jeder junge Student zumindest einmal, teils häufiger, gegen einen Studenten einer anderen Verbindung fechten.
Im 19. Jahrhundert war es noch üblich, bei Ehrverletzungen Satisfaktion zu verlangen. Wenn dann ein Duell ausgefochten wurde, war die Ehre wieder hergestellt. Diese Zeit ist lange vorbei! Heute werden keine Fechtduelle mehr ausgetragen. In der Verfassung meines Corps werden Duelle ausdrücklich verboten.
Bereits seit 1860 fechten die Bonner Corps sog. „Bestimmungsmensuren“, bei der es nicht mehr um Satisfaktion geht. Die Fechter fordern sich nicht gegenseitig heraus, sondern werden durch die Fechtbeauftragten bestimmt. Dieses Fechten unterscheidet sich gewaltig vom Sportfechten, denn während man sich beim Sportfechten stark bewegt, bleibt man beim akademischen Fechten stehen. Gegeneinander gestellt werden gleich gute Fechter, so dass gleiche Chancen bestehen, das Risiko gleich verteilt ist und im Idealfall, der häufig eintritt, keinerlei Hautkratzer oder gar Schmisse zu beobachten sind.
Die Sicherheit der Fechtenden wird durch ein Gitterhemd, Bandagen um den Hals und eine stählerne Brille gewährleistet. Zusätzlich ist immer ein approbierter Mediziner vor Ort, damit alle Beteiligten abgesichert sind. Die Fechtenden tauschen nach fest vorgegebenen Regeln eine bestimmte Anzahl von Hieben aus. Wenn die vorgeschriebene Zahl erreicht ist, endet die Partie. Im Regelfall passiert beiden Fechtenden nichts; wenn ausnahmsweise doch, wird die Fechtpartie in der Regel abgebrochen.
Oft werde ich gefragt: Wozu fechten junge Studenten heutzutage überhaupt noch? Die Tatsache, dass junge Männer sich willentlich der Gefahr einer Verletzung aussetzen, ist Außenstehenden gegenüber in der Regel nicht vermittelbar. Da sich das Fechten gleichwohl bis heute erhalten hat, gibt es eine intrinsische Rechtfertigung: Das Fechten ist – für die Fechtenden selbst und für die übrigen anwesenden Corpsbrüder – ein stark emotionales Erlebnis. Nicht nur der Fechtende hat Angst, Angst haben auch seine Corpsbrüder um ihn. Die Gefahr und die Angst schweißen die Gemeinschaft der Corpsbrüder zusammen.
Jeder, der gefochten hat, kann sich an das Gefühl vor der ersten Partie erinnern. Man hält buchstäblich für sich und die Verbindung „den Kopf hin“. Wenn dann alles gut gegangen ist, wird die Erleichterung über den erfolgreichen Abschluss auch von allen geteilt. Dieses Erlebnis, in das alle Corpsbrüder einbezogen sind, erzeugt ein sehr starkes Gemeinschaftsgefühl. Alternativen zum Fechten sind zwar immer wieder gesucht worden. Aber auf keinem anderen Weg konnte ein annähernd starkes, emotionales Erlebnis der Gemeinschaft erzielt werden.
Dritter Vorwurf: Übermäßiger Bierkonsum
Studenten trinken gerne Bier – heute teils auch ohne Alkohol. Daran haben die meisten Studenten Spaß, gleichgültig ob sie einer Verbindung angehören oder nicht. Einen Zwang zum Alkoholkonsum bei offiziellen Veranstaltungen gab es, aber das seit hundert Jahren Vergangenheit. Hier oder dort war dieser Zwang mehr oder weniger ausgeprägt, und von Fall zu Fall erfolgte seine Abschaffung etwas früher oder ein paar Jahre später. Dies aber kann gesagt werden: Der Trinkzwang wurde bei den Corps bereits in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts abgeschafft.
Vierter Vorwurf: Rechtsextremismus
Allgemein wird Studentenverbindungen oft vorgeworfen, sie verträten politisch eine rechtsextreme Richtung. Auffällig oft sind diese Vorwürfe zudem sehr pauschal, und sie betreffen zudem in Wirklichkeit soziologische Phänomene, die mit dem Verdacht des Rechtsextremismus übertüncht werden, unbeschadet ihres Kerns.
Zutreffend sind die Vorwürfe allenfalls gegenüber einigen wenigen sehr speziellen Verbindungen. Corps haben keine politische Agenda. Allgemein sei der Hinweis gegeben, dass Burschenschaften seit ihrer Gründung sehr wohl eine politische Agenda hatten, die sie aber unterschiedlich stark und in unterschiedliche Richtung ausleben. Anders einzuordnen sind dagegen alle übrigen Verbindungen. Insbesondere gilt dies für die Corps, die sich bereits 1848 durch ihre politische Neutralität ganz dezidiert definiert haben, die immer dabei blieben und immer dorthin zurückkehrten, wenn es Abweichungen von diesem Weg gab.
Fünfter Vorwurf: Seilschaften zur Karriereförderung
Oft wird kritisiert, dass Corps Seilschaften sind, die ihren Mitgliedern gezielt Karrieremöglichkeiten verschaffen. Die Alten Herren würden jüngere Corpsbrüder in wichtige Positionen hieven. Nun, das war früher unbestreitbar der Fall, insbesondere in der Wilhelminischen Zeit. Heutzutage findet das nicht mehr statt. Netzwerke allein sind in der modernen Arbeitswelt nicht mehr entscheidend, es zählt die Leistung. Und Leistungen ihrer Mitglieder werden von den Corps gefördert und gefordert. Das ist der eigentliche Grund, weshalb nicht alle, aber viele Corpsstudenten oft hohe berufliche Positionen erreichen.
Resümee
Im Corps Guestphalia Bonn sind seit der Stiftung 1820 nahezu 1.400 Studenten aktiv gewesen. Sie haben mehr oder weniger eifrig studiert, viele haben später erfolgreiche Berufslaufbahnen eingeschlagen. Nicht unbedeutend hierfür dürfte die Erziehung gewesen sein, die sie im Corps genossen haben.
Welchen Einfluss das Corps auf das spätere Leben – privat und beruflich – gehabt hat, kann jeder nur für sich selbst beurteilen. Ich kann hier nur berichten, welchen Einfluss meine Corpszugehörigkeit auf meinen weiteren Werdegang hatte. Ich nenne dazu fünf Punkte. Durch das Corps habe ich erstens schon in der Studienzeit Verantwortung übernommen – für mich und andere. Lernen konnte ich dabei, wie man eine Gemeinschaft leitet und führt. Zweitens habe ich in Conventen gelernt, fair zu diskutieren und abweichende Meinungen anderer zu tolerieren. Drittens habe ich – nicht nur beim Fechten – Gefahren erlebt. Das erfolgreiche Überstehen von Gefahr hat mir ein gesundes Selbstbewusstsein vermittelt. Ich habe viertens gelernt, wie man – insbesondere in schwierigen Situationen – durchhält. Der zukunftsorientierte Blick nach vorn hat mir ein Leben lang geholfen. Fünftens hat schließlich meine Corpsmitgliedschaft zu starken emotionalen Bindungen geführt. Ich habe Freunde fürs Leben gewonnen, wofür ich dankbar bin. Und wenn ein junger Student heute in ein Corps eintritt, kann er dieselben Lernstationen durchlaufen, Erfahrungen sammeln und Gemeinschaft erleben – wie ich, beginnend vor 100 Semestern.
Martin Dossmann
Das Buch „Ein Bonner Corps“ von Martin Dossmann ist 2025 bei V & R unipress mit der ISBN 978-3-8471-1871-8 erschienen, hat 510 Seiten, ist mit 260 Abbildungen ausgestattet und kostet 70 €; im Buchhandel erhältlich; kann auch beim Autor bezogen werden: martin.dossmann@mailbox.org.

