Wartburgfest und Bücherverbrennung

Das Corps Franconia-Jena zu Regensburg veranstaltete am 29. Januar 2022 um 19.30 Uhr einen Vortrag im Zoom-Format. Dr. Christin Hansen, Universität Paderborn, referierte über das Wartburgfest vom 18. Oktober 1817 und behandelte speziell die Verbrennung von Gegenständen, die als Herrschaftssymbole galten, sowie von Büchern, die als rückwärtsgerichtet empfunden wurden. Diese Aktion, die im übrigen nicht zum offiziellen Programm deses studentischen Treffens gehörte, wurde als „Bücherverbrennung “ bekannt – und dabei nur unzureichend beschrieben.

Hier geht’s zum Zoom-Link des Vortrags von Frau Dr. Hansen: httpss://us02web.zoom.us/j/82890237821, Meeting-ID: 828 9023 7821

Ein Link des Corps Franconia-Jena zu Regensburg

Am 18. Oktober 1817 feierten mehr als 500 Studenten aus mindestens elf Universitäten auf der Wartburg ein Fest, um unter dem Motto „Ehre, Freiheit, Vaterland“ gegen Kleinstaaterei und für die Einführung von Verfassungen zu demonstrieren. Gegen Ende des Fests verbrannten einige Studenten einen Zopf, einen Uniformrock und einen Korporalstock als Symbole der Repression, es brannten aber auch Bücher. Dazu gehörten Werke August von Kotzebues, der 1819 von einem Burschenschafter ermordet werden sollte, der Code Napoleon, überhaupt viele weitere juristische Werke, Schriften gegen Burschenschaften sowie das Werk „Germanomanie“ des jüdischen Publizisten Saul Ascher.

Bericht vom Wartburgfest in der Zeitschrift Isis, Nummer 195 von 1817 (Ausschnitt), herausgegeben vom Jenaer Professor und Festteilnehmer Lorenz Oken, der 1819 entlassen wurde; zu sehen sind Gegenstände, die symbolisch verbrannt wurden.

Dr. Christin Hansen nannte die Beweggründe und die Wirkung dieses flammenden Protests. Einerseits fiel diese symbolische Aktion in die politisch-kulturellen Auseinandersetzungen zwischen Spätabsolutismus und Verfassungsstaat bis zur Revolution von 1848, andererseits wirkte sie aber auch als langfristiges politisches Symbol. Frau Dr. Hansen erörterte zudem, welche Bezüge zum Wartburgfest anlässlich der über 100 Jahre später vielerorts stattfindenden Bücherverbrennungen der Nationalsozialisten und vor allem des NSDStB konstruiert wurden oder in der Realität zu beobachtem waren.

Der Zug der Studenten zum Wartburgfest 1817; zeitgenössische Darstellung

Frau Dr. Hansen ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Paderborn und stellvertretende Leiterin der Arbeitsstelle für Historische Stereotypenforschung. Sie war bis Oktober 2021 an der Universität Regensburg tätig. Zu ihren vorrangigen Forschungsinteressen gehören Nationalbewegungen und Nationskonzepte, Gender- und Kolonialgeschichte. Im Jahre 2021 erschien ihre Dissertation „,Wilde‘ im deutschen Identitätsdiskurs 1830 – 1870. Spuren des Exotischen im nationalen Denken und in
kolonialen Bildern“. Für das Kösener Corps Franconia Jena, heute in Regensburg ansässig, ist das Wartburgfest von besonderem Interesse, weil dazu die 1815 in Jena gegründete Urburschenschaft eingeladen hatte. Aus dieser ging das heutige Corps 1821 hervor. Wahrscheinlich ist indes, dass es bereits lange vor der ersten Burschenschaft – deren Entstehung in engem Zusammenhang mit den napoleoonischen Besetzungen und dem Kampf dagegen zu sehen ist – eine frühere, florierende Franconia in Jena gegeben hat, die als frühes Corps gesehen werden kann.

Kommt im März 2022 neu: der legendäre „Felix Schnabel“

Der Vortrag über das Wartburgfest gehört zu einer ganzen Reihe von Aktivitäten, die das Corps Franconia-Jena zu Regensburg rund um sein 200. Stiftungsfestes entfaltet, um sein historisches Umfeld zu erforschen. Im März dieses Jahres erscheint im selben Kontext der „Felix Schnabel“ in einer ganz ausgesucht schönen Nauausgabe. Geschrieben wurde es von August Jäger, der selbst Jenscher Franke war. Hier handelt es sich um ein Kultbuch studentenhistorischer Provenienz schlechthin; diesen Status hat es bereits seit seiner Erstveröffentlichung im Jahre 1835. Der volle Titel lautet: „Felix Schnabels Universitätsjahre oder: Der deutsche Student“; über unsere Webseite können Sie subskribieren. Lesen Sie hier Details dazu.

Es handelt sich bei „dem Felix Schnabel“, so wird das Buch landläufig genannt, um die historisch höchst wichtige, erste Beschreibung der frühen, sozusagen ursprünglichen Corpslandschaft, die offenbar in ihrer heute noch bestehenden Gestalt bereits damals, knapp 20 Jahre vor Gründung des Kösener Seniorenconvents, gt erkennbar war. Und nachdem auch der heute noch bestehende KSCV in Jena gegründet wurde, schließt sich hier der Kreis.

Inflationszeit, auch damals: Unser Beitragsbild zeigt eine Briefmarke des Deutschen Reiches aus dem Jahre 1923.

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